Kontraste in der Fotografie – Teil 1

Wer sehen kann, kann auch fotografieren. Sehen lernen kann allerdings dauern.
Leica

 

Um Kontraste bewusst in Fotos einzusetzen, sollte man zunächst wissen was Kontraste sind, welche Arten von Kontrasten es gibt und wozu wir diese verwenden. Der Duden schreibt hierzu: 1.starker, ins Auge springender Gegensatz, 2. (Fotografie,Film,Fernsehen) Unterschied in der Helligkeit der hellen und dunklen Partien eines Bildes. Jedoch gibt es neben der Helligkeit noch viele weitere Kontrastarten, was die Beschreibung laut Duden meiner Meinung nach zu knapp erscheinen lässt. Gehen wir also auf den ersten Punkt zurück: „starker, ins Auge springender Gegensatz“. Dieser Satz schließt sowohl Unterschiede in der Helligkeit als auch alle anderen Kontrastarten, wie z.B. Farbkontraste, mit ein. Werfen wir doch mal einen Blick auf die klassische Malerei. Hier gibt es eine riesige Auswahl an Kontrasten. Zum einen wird in Kontraste unterschieden die sich auf die Farben beziehen (z.B. Hell-Dunkel- oder Komplementärkontrast), zum anderen gibt es Kontraste in Bezug auf den Bildaufbau, wie zum Beispiel der Größen- oder Richtungskontrast. Im Rahmen des 1. Teils möchte ich aber zunächst nur auf die Hell-Dunkel- und Farbkontraste anhand von Bildbeispielen eingehen. Farbkontraste interessieren dich nicht? Dann erfahre hier mehr über Formkontraste!


Also, welche Kontrastarten gibt es?

Im 1. Teil:

  1. Hell-Dunkel-Kontrast
  2. Farbkontraste
    1. Farbe-an-sich-Kontrast
    2. Warm-Kalt-Kontrast
    3. Komplementärkontrast
    4. Simultankontrast
    5. Qualitätskontrast
    6. Quantitätskontrast

Im 2. Teil dann:

  1. Formkontraste
    1. Form an sich Kontrast
    2. Qualitätskontrast
    3. Quantitätskontrast
    4. Richtungskontrast

 

Hell-Dunkel-Kontrast

Der wohl bekannteste Kontrast ist der Hell-Dunkel-Kontrast. Meistens verstehen Fotografen darunter die Intensität der Anteile zwischen Licht und Schatten. Je stärker das Licht und je stärker der Schatten, desto stärker der Kontrast. Besonders starke Kontraste in der Landschaftsfotografie entstehen zum Beispiel am Morgen bei Sonnenauf- bzw. am späten Nachmittag oder Abend bei Sonnenuntergang. In der hochstehenden Mittagssonne wirken deshalb viele Motive strukturlos, also langweilig. Berühmte Vertreter aus der Malerei, welche Meister des Lichts und Schatten sind, sind z.B. Michelangelo Merisi da Caravaggio, Jan Vermeer oder Rembrandt van Rijn

 

 

Farbkontraste

Farbkontraste gibt es eine Menge. Bestimmt kennst du die typischen Mohnfeld-Fotos, bei denen rote Mohnblüten auf einer grünen Wiese zu sehen sind. Das ist ein klassischer Komplementärkontrast, d.h. die Farben liegen sich im Farbkreis gegenüber. Weitere Komplementärfarben sind Gelb <-> Violett, Gelborange <-> Blauviolett, Orange <-> Blau, etc..

Der Farbe-an-sich-Kontrast ist einer der wichtigsten Kontraste. Dieser sagt aus, das eine Farbe schon an sich heller oder dunkler wirkt als andere Farben im Bild. So sind in diesem Foto eines Hauhechel-Bläulings alle Farben gleichmäßig belichtet. Jedoch wirkt das Gelb der Blüte deutlich heller als das Blau des Falters. Bekannter Vertreter aus der Kunst: Franz Marc

 

 

Der Warm-Kalt-Kontrast ergibt sich in der Naturfotografie, vor allem in der Landschaftsfotografie oft von selbst. In der Bergfotografie fällt auf, das alles was in der Ferne liegt meist einen Blaustich hat. Blaue, kalte Farben werden deshalb oft als weiter weg empfunden als warme Farbtöne wie Rot oder Orange. In der klassischen Malerei wird der Warm-Kalt-Kontrast bewusst als Stilmittel eingesetzt (siehe Van Gogh)

 

 

Wie bereits erwähnt entsteht beim Komplementärkontrast die Spannung durch die Gegensätzlichkeit der Farben. Falls du im Frühling mal draußen in der Natur unterwegs auf Fototour bist (was ich dir dringend an’s Herz lege) und dich fragst warum du so begeistert von deinen Motiven bist, dann liegt das möglicherweise an den vielen Komplementärkontrasten um dich herum. Also, Augen auf! An Regentagen lohnt sich ein Blick auf die Gemälde von Claude Monet.

 

 

 

Etwas komplizierter ist der Simultankontrast. Hier verändert sich die optische Wirkung einer Farbe dadurch, dass sie von anderen kontrastierenden Farben umgeben ist. So wirkt Beispielsweise ein Foto mit einer gelben Blüte vor blauen Hintergrund deutlich kälter, als eine gelbe Blüte vor einem Hintergrund der hellorange ist. Was lehrt uns das? Für die Bildbetrachtung am PC oder an der Wand sind neutrale Hintergründe notwendig. Wer seine Bilder nur vor einem knallroten Hintergrund betrachtet wird sie anders wahrnehmen als vor einem neutralgrauen oder weißen Hintergrund. Wer bei der Bearbeitung am PC eine ablenkende Umgebung hat, wird im Nachhinein mit den gedruckten Ergebnissen enttäuscht sein, da er sie am Bildschirm anders wahrgenommen hat als an der weißen Wohnzimmerwand.

Somit eng mit dem Simultankontrast verbunden ist der Qualitätskontrast. Die Qualität einer Farbe ändert sich, zumindest in der Malerei mit der Beimischung anderer Farben. Aber auch im Kontrast zu anderen Farben. Legt man beispielsweise ein eher dunkles Gelb auf einen schwarzen Hintergrund wirkt es dennoch heller, als das gleiche Gelb auf einer weißen Fläche. Und das obwohl es sich um ein und denselben Gelbton handelt.

In der Fotografie bestimmt die Sättigung die Qualität der Farben. In Landschaftsfotos in denen das Motiv in strahlenden Farben leuchtet, die Umgebung jedoch eher ungesättigt wird, kann der Qualitätskontrast gut beobachtet werden

Im Bildbeispiel ist gut zu sehen wie die Sättigung, also die Qualität, des Orange nach hinten bzw. nach oben im Bild abnimmt.

 

 

Zu guter letzt wäre da noch der Quantitätskontrast. Unter ihm versteht man ganz einfach in welchem Mengenverhältnis Farben zueinander stehen. Die alte Weisheit Qualität statt Quantität kann man hier also nur bedingt unterschreiben. Denn einzelne Farbtupfer oder Farbflächen nur in einem Bereich des Fotos können unglaublich spannende Bilder erzeugen.

 

 


Wie du siehst, hat man unbegrenzte Möglichkeiten sein Foto zu gestalten. Wichtig ist dabei nur das Besondere zu finden. Jedes Motiv sieht zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch unterschiedlich aus. Versuch doch einfach mal ein Motiv deiner Wahl erst in der Morgensonne, dann am Mittag und dann in der Abendsonne zu fotografieren. Aber auch bei Regen, Nebel oder Wind, im Frühling, im Sommer, etc. und beobachte wie sich die Kontraste in deinem Bild ändern.

Was dich vielleicht auch interessieren könnte: Ted Forbes von The Art of Photography stellt wöchentlich „Hausaufgaben“ und fordert andere Fotografen auf ihre besten Fotos zu einem bestimmten Thema einzuschicken. In dieser Folge geht es um die Farbe Rot. Er geht am Anfang des Videos auch auf den Einsatz gegensätzlicher Farben ein und spricht über die gezielte sparsame Verwendung verschiedener Farben in einem Foto. Ein sehr lehrreiches Video mit vielen inspirierenden Beispielen!

-> Zum zweiten Teil meines Blogbeitrages über Kontraste gelangst du hier.

 

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